Wissen vermitteln statt hüten
Bibliotheken haben mehr zu bieten als Bücher: Teaching Librarians machen junge Menschen fit im Umgang mit Informationen und Medien. Hier erzählt Regina Böhning aus ihrem Arbeitsalltag.
Seit meiner Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste arbeite ich in Bibliotheken, seit 2012 in Paderborn. Aber immer nur das Gleiche zu machen, das hat mir nie gereicht. Und damit bin ich in der Stadtbibliothek Paderborn genau richtig, denn auch die entwickelt sich ständig weiter. Weil die Welt draußen sich verändert, und das ja besonders im ureigensten Bereich von Bibliotheken: dem der Informationen und Medien.
Recherchetrainings bieten wir schon sehr lange an und vermitteln Kindern und Jugendlichen, wie sie Informationen finden, auswerten und einordnen. Die Ausweitung auf die neuen Medien kam nach und nach. Heute haben wir ein breites Bildungsangebot für Kitas und Schulen. Gemeinsam mit unserer medienpädagogischen Kollegin sind wir immer dabei, das zu erweitern. Sie hat alles, was wir anbieten, analog zum Medienkompetenzrahmen NRW zugeschnitten, der für die Schulen verpflichtend ist. So finden Lehrkräfte bei uns ganz einfach, was zu ihrem Unterricht passt – Workshops zu digitalen Präsentationen, zum Datenschutz oder Umgang mit Fake News und Hatespeech genauso wie zu Gamedesign oder Programmieren. Als Teaching Library bezeichnen wir uns selbst nicht, der Begriff hat sich in Deutschland nur in Wissenschaftlichen Bibliotheken durchgesetzt. Öffentliche Bibliotheken wie wir sprechen eher vom Lernraum Bibliothek.
Wenn Schulklassen zum Recherchetraining zu uns kommen, lassen wir sie erst einmal durch die ganze Bibliothek sausen. Natürlich nicht planlos, sondern mit einer Rallye per App. Auf Tablets beantworten die Schüler Fragen zur Bibliothek, etwa: „Wie viele Internetplätze gibt es in der zweiten Etage?“ Ziel ist es, dass sie sich überall umgucken und orientieren. Wieder zurück in der Gruppe, zeigen wir ihnen unsere Website mit allen Recherchemöglichkeiten in Datenbanken und unserem Onlinekatalog. Die nutzen sie im Anschluss gleich selbst, um Aufgaben zu bearbeiten. Dazu können sich die Kinder und Jugendlichen im Haus verteilen und an Tablets arbeiten. Wir gehen rum und unterstützen, wo es nötig ist. Wichtig ist uns, immer alle einzubinden und aktiv werden zu lassen. Einmal gesehen, reicht ja nicht; man muss es selbst gemacht haben.
Meine Kolleginnen und ich kommen aus verschiedenen fachlichen Richtungen und bespielen das Feld Medien- und Informationskompetenzvermittlung gemeinsam. Neben der Medienpädagogin und mir sind in unserem Team noch weitere Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, darunter auch einige Quereinsteiger. Auch eine ehemalige Lehrerin hatten wir mal. Ich selbst habe vor einigen Jahren meine Fachwirtin für Medien- und Informationsdienste gemacht, drei Jahre lang alles durchgeackert, was Bibliothekare im Studium machen, darunter auch Bibliothekspädagogik. Der Titel meiner Abschlussarbeit: „Lernraum Bibliothek. Vorsprung allein durch Technik?“
Unser Lerncafé eignet sich auch fürs Arbeiten in Gruppen, ausgestattet mit Whiteboard und großen Tischen. Gut lernen und arbeiten lässt sich aber auch an anderen Stellen im Haus, sogar in einer schallisolierten Lernkabine. Unsere digitalen Angebote verteilen sich übers Haus: 3-D-Drucker, Virtual-Reality-Technik, Gaming-PCs und -Konsolen... Zu allem machen wir Veranstaltungen, meistens nachmittags, damit Kinder und Jugendliche kommen können; außerdem auf Anfrage. Die Geräte sind aber auch frei nutzbar.
Wir merken, dass immer mehr Menschen, nicht nur Kinder und Jugendliche, zu uns kommen und hier ihre Mittagspause oder mehrere Stunden mit Lernen, Lesen und Spielen verbringen. Wir helfen auch bei Facharbeiten und machen jedes Jahr eine lange Lernnacht: Schüler kurz vorm Abschluss können dann bei uns, allein oder in Gruppen, alles durchgehen, wir bieten den Raum, Lernhilfen, Snacks und Getränke an. Viele sagen uns, wie schön das ist. Auch die Lehrkräfte, die mit ihren Klassen zu uns kommen, bleiben uns treu. Das Problem ist nur, dass sie immer mehr Dinge draufgepackt bekommen, die sie erledigen müssen. Mit unseren Angeboten zur Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz können wir ihnen hoffentlich ein bisschen Arbeit abnehmen.
Dieser Artikel ist in Ausgabe Nr. 14 unseres Bildungsmagazins sonar zum Thema „Medienkompetenz“ erschienen.