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Mehr als Daddeln

Lesezeit: 3 Minuten
Ein Gamingcontroller in den Händen eines Kindes

Mit Computerspielen verantwortungsvoll umgeben, Risiken besser einschätzen: Das und mehr können Kinder und Jugendliche im „Games Club 39“ der Stadtbibliothek Magdeburg lernen. Medienpädagogin Jessica Burkhardt hat das Projekt konzipiert.

Wie reagieren, welche Taste drücken, um Hindernisse zu überwinden, den Gegner zu überlisten oder das nächste Level zu erreichen: Wissen, das die meisten jungen Gamer aus dem Handgelenk schütteln. Kaum vorhanden sind dagegen Kenntnisse über die verschiedenen Genres von Computerspielen, deren Algorithmen oder den Sinn und Zweck von Altersfreigaben. Der „Games Club 39“ soll das ändern. Mit dem Projekt wollen wir Kinder und Jugendliche für einen reflektierten Umgang mit dem Medium Computerspiele sensibilisieren.

Der Anstoß dazu kam direkt aus den Reihen der Zielgruppe. Wir erfüllen also den lang gehegten Wunsch, unser Angebot um Computerspiele zu erweitern. Gleichzeitig soll das Projekt die Medienkompetenz der Heranwachsenden stärken. Entsprechend lautete der ursprüngliche Arbeitstitel „Mehr als Daddeln“. Ein Rostocker Kollege gab mir den Tipp, uns bei der Deutschen Telekom Stiftung für die Förderung des Projekts zu bewerben. Eine unabhängige Expertenjury wählte es 2022 neben 65 weiteren Vorhaben aus knapp 300 Anträgen aus und nahm es in „Ich kann was!“-Initiative der Stiftung auf.

Die Fördersumme in Höhe von 10.000 Euro – ein großer Segen. Vieles hätten wir sonst nur schwer oder gar nicht finanzieren können. Der größte Teil, so viel stand früh fest, sollte in die technische Ausstattung fließen. Ganz oben auf unserer Wunschliste: Controller, Laptops und Calliopes genannte Einplatinen-Computer, ebenso Hard- und Software für den Dreh und Schnitt von Videos. Equipment, das auch als Grundstein für den geplanten Maker-Space dienen soll. Weitere wertvolle Unterstützung kam von Netzwerk-Partnern der Stadtbibliothek Magdeburg. So stellte eine Streetworkerin den Kontakt zu verschiedenen Kinder- und Jugendeinrichtungen her und warb für das Projekt. Und vom städtischen Medientreff „zone!“ kam die Zusage für eine inhaltliche Begleitung. Unter anderem, um den Jugendlichen die Arbeit der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) vorzustellen oder sie beim Programmieren eigener Spiele anzuleiten.

Mit 14 Jungen im Alter zwischen zehn und 14 Jahren konnten wir dann in den Sommerferien 2023 in die Projektarbeit starten. Neben Spiel und Spaß ging es in den drei Tagen auch darum, sich über das künftige Konzept zu verständigen, von rein praktischen Fragen bis zu inhaltlichen Aspekten. Seitdem trifft sich die Gruppe alle zwei Wochen freitags. Zurzeit planen wir einen Info-Nachmittag, um Eltern und anderen Interessierten den Games Club 39 näher zu bringen. Dazu sind auch meine Kolleginnen und Kollegen eingeladen. Zum Abbau von Berührungsängsten haben wir bereits ein Games-Turnier für die Belegschaft veranstaltet – ein weiteres soll folgen, so gut kam die Aktion an. Ebenfalls auf unserer To-do-Liste für 2024 steht, das neue Angebot offensiver zu bewerben und in der Stadt bekannter zu machen. Mehr Aufmerksamkeit, die im besten Fall auf die gesamte Stadtbibliothek Magdeburg abstrahlt. Mein großer Wunsch: Dass Bibliotheken viel mehr als lebendige Begegnungsstätten wahr- und angenommen werden, wo auch moderne Medien wie Computerspiele ihren Platz haben.
 

Porträtfoto von Jessica Burkhardt
Jessica Burkhardt arbeitet seit 2020 als Medienpädagogin in der Stadtbibliothek Magdeburg. In den Kursen und Projekten, die sie konzipiert und betreut, entstehen unter anderem Podcasts, Trickfilme, Musikvideos und neuerdings auch Computerspiele.


Gut zu wissen:

  • Die Stadtbibliothek Magdeburg ist die größte öffentliche Bibliothek in Sachsen-Anhalt. Neben der innerstädtischen Zentralbibliothek gibt es die drei Stadtteilbibliotheken Sudenburg, im Flora-Park und Reform sowie den blauen Bücherbus, eine Fahrbibliothek.
  • 2023 haben an 752 Veranstaltungen und Führungen der Bibliothek mehr als 19.400 Menschen teilgenommen.
  • Rund 50 Prozent der Bibliotheksnutzer sind jünger als 18 Jahre.


In unserer Reihe "Bibliotheken im Porträt" berichten wir über die Arbeit in deutschen Stadtbibliotheken. Mit ihren breiten Angeboten zu unterschiedlichen Themen sind sie ein wichtiger außerschulischer Lernort für junge Menschen. Die anderen Teile können über die Links am Ende dieser Seite aufgerufen werden.