Eindrücke einer Lernreise
Unsere FundaMint-Stipendiatinnen und -Stipendiaten sind durch Deutschland getourt, um spannende Schulkonzepte zu erleben. Ihre Eindrücke teilen sie in diesem Beitrag.
Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule Göttingen
Unsere Reise begann nach einem inspirierenden Methodenseminar der Telekom-Stiftung in Königswinter. Mit vollgepacktem Auto und guter Laune machten wir uns auf den Weg zur ersten Station: der Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule (IGS) in Göttingen.
Das Schulgebäude der IGS Göttingen ist so gestaltet, dass die Kinder und Jugendlichen viel Platz für Bewegung und Entfaltung haben. So gibt es ein großes Foyer zum Toben und Spielen, eine Schuldisko, einige Werkstätten, einen Schulgarten, eine Teestube und eine Spielezentrale zum Ausleihen verschiedenster Spielsachen.
Besonderheit an der Schule: das Team-Kleingruppen-Modell. Das bedeutet, in der Schule arbeiten viele unterschiedliche Teams, die für ihren jeweiligen Bereich Entscheidungskompetenz haben. Dabei stellen die Jahrgänge die größte Einheit dar, in denen die Stammgruppen während der gesamten Sekundarstufe I zusammenbleiben. Doch nicht nur das: Jede Stammgruppe hat zudem über den gesamten Zeitraum einen eigenen Raum, den sie frei gestalten kann und der für jede Gruppe individuell aussieht. Die Stammgruppen werden dabei von einem Tutorenteam von mindestens zwei Lehrkräften über sechs Jahre lang begleitet. Es wird ganz deutlich: In dieser Schule wird alles im Team gemeistert und dazu zählt auch ein Arbeiten auf Augenhöhe, sodass hier das schulweite „Du“ herrscht.
Oberstufenkolleg Bielefeld
Unsere nächste Station war das Oberstufenkolleg in Bielefeld, eine Versuchsschule des Landes NRW, die eng mit der Universität Bielefeld zusammmenarbeitet. In dieser Schule stehen Diversität, Chancengleichheit, offene Lernräume und Selbstbestimmung der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund. Das Kolleg soll dabei als Bindeglied zwischen Schule und Studium fungieren und setzt einen besonderen Fokus auf wissenschaftliches Arbeiten.
Ganz besonders ist hier das Aufnahmeverfahren für die gymnasiale Oberstufe, durch das auch Schülerinnen und Schüler mit einer Fachoberschulreife oder einem Hauptschulabschluss mit einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung aufgenommen werden können.
Das Lernen findet nicht in typischen Klassenräumen, sondern in offenen Lernräumen wie Feldern oder Gewächshäusern statt. Auch die Arbeitsplätze der Lehrkräfte sind jederzeit frei zugänglich, sodass eine gute Beziehung zwischen Kollegiaten und Lehrkräften geschaffen wird. Wie auch an der IGS Göttingen werden alle Schulmitglieder gedutzt.
Ein weiterer Fokus des Oberstufenkollegs besteht darin, die Entwicklung der Kollegiatinnen und Kollegiaten zu mündigen Bürgern zu unterstützen. In unserer kurzen Zeit dort konnten wir genau das beobachten und waren sehr begeistert von der Reflektivität, dem politischen Engagement und der Kritikfähigkeit bezüglich des deutschen Schulsystems.
Dalton Gymnasium Alsdorf
Nach dem Wochenende ging es weiter zum Dalton Gymnasium in Alsdorf. Dort erwartete uns ein modernes Gebäude mit einer guten Ausstattung. Besonders beeindruckend waren die Dalton Stunden, bei denen sich die Schülerinnen und Schüler möglichst selbstständig Lerninhalte erarbeiten und so Verantwortung für ihren eigenen Lernweg übernehmen. In den Daltonstunden können die Fächer, Räume und sogar Lehrkräfte frei gewählt werden.
Zudem bietet die Schule für die Oberstufe ein sogenanntes Gleitzeitmodell an, bei dem die Schülerinnen und Schüler selbst entscheiden, wann sie morgens in die Schule kommen. Dies soll die unterschiedlichen Lerntypen optimal abholen.
Die Schule legt zudem viel Wert auf digitales Lernen. Medienbildung wird hier als Teil einer ganzheitlichen Bildung angesehen. Daher gilt ab der 7. Klasse das konsequente iPad-gestützte Lernen.
Jeetzeschule Salzwedel
Der nächste Stopp war die Jeetzeschule in Salzwedel. Hierbei handelt es sich um eine reformpädagogische Gesamtschule in freier Trägerschaft. Hier werden bis zur Oberstufe alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet. An der Schule gibt es drei Säulen des Unterrichts. So gibt es neben dem typischen Fachunterricht auch Projektunterricht (fächerübergreifende Erarbeitung verschiedener Themen) und das sogenannte Grundwissen in Form von Freiarbeit. Dabei wird vor allem in den unteren Jahrgangsstufen viel mit Montessori-Materialien gearbeitet und so eine freie Entfaltung der Kinder gefördert.
Diese drei Säulen werden zudem von Neigungskursen (wie Theater, Chor, Kreativwerkstatt oder TaiChi), offener Studierzeit, AGs und dem Konzept der Reisenden Schule ergänzt. Reisende Schule bedeutet, dass die Klassen jedes Jahr eine Woche lang gemeinsam Abenteuer erleben und beispielsweise Wandern, Radfahren, Kanufahren oder Segeln gehen.
Evangelisches Schulzentrum Martinschule in Greifswald
Weiter ging es an die Martinschule in Greifswald. Diese inklusive und reformpädagogische Schule hat uns gezeigt, dass hier wirklich alle willkommen sind. Hier treffen Begabungen verschiedenster Art aufeinander, Handicaps werden akzeptiert und es herrscht eine bunte Vielfalt an unterschiedlichen Kulturen und Religionen.
Im Fokus steht hier vor allem der Ansatz, voneinander und miteinander zu lernen und Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Um eine bestmögliche Unterstützung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen, arbeitet das Lehrpersonal in Zusammenarbeit mit pädagogischen Unterrichtshilfen, Betreuern und Integrationshelfern im Team. Die Kinder und Jugendlichen erhalten in diversen Fachbereichen eine praxisorientierte Ausbildung durch Werkstätten und Projekte, die hauptsächlich darauf abzielen, verschiedene Inhalte miteinander zu verknüpfen und eigenständig zu erarbeiten sowie zu präsentieren. Die Zeugnisse werden hier durch Portfolioarbeit ersetzte und Noten gibt es erst ab der 9. Klasse.
Internat Sankt Afra
Das Internat Sankt Afra ist ein Sächsisches Landesgymnasium mit Fokus auf Hochbegabtenförderung. Hier erwartete uns ein ehrwürdiges Gebäude mit topmoderner Ausstattung. Die Schülerinnen und Schüler leben dort gemeinsam mit einigen Lehrkräften auf dem Schulgelände, sodass sie gemeinsam leben und lernen. Zum Portfolio zählen viele außerschulische Angebote wie Debattierclubs, Orchester, Artistik oder Theater. Es werden viele Spielräume für Kreativität, individuelle Vertiefung und eigene Projekte geschaffen, sodass die Schülerinnen und Schüler sich interessengeleitet weiterentwickeln können. Trotzdem wird an der Schule eine generalistische Bildung gefördert, um ein möglichst großes Spektrum von Kompetenzen zu vermitteln.
Viele Erfahrungen und tolle Erlebnisse
Die Lernreise war eine unfassbar bereichernde Erfahrung, die uns in unserem Professionalisierungsprozess als angehende Lehrkräfte enorm weitergebracht hat. Sie hat uns gezeigt, wie vielfältig das Bildungssystem sein kann und wie wichtig es ist, auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes einzugehen. Wir sind dankbar für die Möglichkeit, diese verschiedenen Schulen kennenzulernen und uns inspirieren zu lassen. Bildung ist ein Schlüssel für eine bessere Zukunft und wir hoffen, dass noch viele weitere Studierende solch bereichernde Erfahrungen machen können.