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Makerspace statt Lesesessel

Lesezeit: 2 Minuten
Das Bild zeigt den Vorsitzenden der Deutsche Telekom Stiftung, Thomas de Maizière.
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Bibliotheken haben sich von reinen Bücher-Ausleihstationen zu digitalen Bildungstempeln gewandelt. Das macht sie zu perfekten Partnern für die Schulen. Ein Meinungsbeitrag von Thomas de Maizière

Heute, am Tag der Bibliotheken, verleihen die Deutsche Telekom Stiftung und der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) in Berlin die Auszeichnung „Bibliothek des Jahres 2022“. Der Hauptpreis geht diesmal an die Bibliotheken der Technischen Universität Berlin und der Universität der Künste Berlin, die sich gemeinsam beworben hatten. Bereits am Samstag haben wir die Uwe-Johnson-Bibliothek in Güstrow mit dem Preis „Bibliothek des Jahres in kleinen Kommunen und Regionen“ ausgezeichnet. Alle Preisträger zeigen eindrucksvoll, wie sich die altehrwürdige Institution Bibliothek verändert hat – von bloßen Bücher-Ausleihstationen hin zu multimedialen Bildungs- und Wissenstempeln.

Bemerkenswert finde ich, dass dieser Wandel insbesondere bei der jüngeren Generation gut anzukommen scheint. Wenn man durch die Gänge einer typischen Stadtbibliothek streift, dann sieht man immer auch viele Kinder und Jugendliche, die dort lesen, gamen, im Internet recherchieren, Programmierkurse besuchen, Hausaufgaben erledigen – oder schlicht mit ihren Freunden die Zeit totschlagen. Zu letzterem Punkt fällt mir ein Satz ein, den ich kürzlich im Leitbild der sehr innovativen neuen Zentralbibliothek von Helsinki gelesen haben. „Nutzloses Herumhängen erlaubt, ja, sogar erwünscht“, heißt es dort. Und genau das ist es, was Bibliotheken gewissermaßen zu einem Gegenentwurf zur Schule macht: Es gibt dort keinen Zwang, etwas zu lernen, keine festen Curricula, keinen Leistungs- und Notendruck. Stattdessen sind Kompetenz- und Wissenserwerb immer freiwillig und selbstbestimmt.
 

Schulen und Bibliotheken müssten viel stärker zusammenarbeiten

Aber warum eigentlich Gegenentwurf zur Schule? Könnten Schule und Bibliotheken nicht auch einfach partnerschaftlich zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Stärken zum Wohle von Kindern und Jugendlichen bündeln? Als Telekom-Stiftung verfolgen wir diese Idee ganz konkret. Wir benutzen dafür den Begriff Bildungsökosystem. Darin kooperieren sämtliche Einrichtungen einer Stadt oder Region, in denen junge Menschen etwas lernen können, eng miteinander: Schulen, Museen, Sportvereine, Musikschulen, Maker-Spaces, Jugendclubs – und eben auch Bibliotheken.

Den Bibliotheken könnte in solchen Bildungsökosystemen etwa die Rolle zukommen, jungen Menschen die vielbeschworenen 21st-Century-Skills zu vermitteln; also die überfachlichen Kompetenzen, die im Berufsleben schon heute sehr wichtig sind, aber künftig unverzichtbar sein werden. Der kompetente Umgang mit digitalen Technologien und Medien ist dafür ein Beispiel oder auch die Fähigkeit, im Internet seriöse von unseriösen Quellen, echte Nachrichten und Fakten von gezielter Desinformation unterscheiden zu können. Hier sollten sich Bibliotheken als Partner der Schulen positionieren, hier haben sie ihre genuinen Stärken. Spielen sie diese aus, dann werden künftig noch viel mehr Kinder und Jugendliche den Weg zu ihnen finden. Weil sie dort wirklich etwas fürs Leben lernen können.