Bildung in Deutschland: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Deutsche Telekom Stiftung veröffentlicht repräsentative Allensbach-Umfrage zum Stellenwert von Bildung – Bevölkerung sieht gute Bildung als sehr entscheidend für die Zukunft des Landes – in den ostdeutschen Ländern Zustimmung größer als im Westen – Gute Bildung als wichtiger Faktor für die Demokratie - Lehrkräftemangel, fehlende Bildungsgerechtigkeit und unzureichende Berufsorientierung an Schulen sind größte Herausforderungen
Bonn: Die Deutschen schreiben dem Bildungssystem mit die größte Bedeutung für die Zukunft unseres Landes und auch für die Demokratie zu, sind aber auch extrem unzufrieden mit dessen Zustand. Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zum Stellenwert von Bildung in Deutschland, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung durchgeführt hat. Rund 77 Prozent der Bevölkerung nennen ein hervorragendes Bildungssystem als besonders wichtig für die Zukunft des Landes. Einen höheren Wert mit 79 Prozent hat nur die Ausbildung von genügend Fachkräften. In den ostdeutschen Bundesländern sind sogar 84 Prozent der Bürgerinnen und Bürger der Meinung, ein gutes Bildungssystem sichere Deutschland langfristig gute Perspektiven. Im Westen sagen das 76 Prozent. Darüber hinaus erhalten Themen wie bezahlbarer Wohnraum, ein leistungsfähiges Gesundheitssystem und die geregelte Zuwanderung hohe Zustimmungswerte.
Mit überwältigender Mehrheit (90 Prozent) sind die Befragten der Meinung, dass ein gutes Bildungssystem für die Demokratie von immenser Bedeutung ist. Entsprechend einig sind sie sich darin, dass Bildung auf die Agenda der politisch Verantwortlichen gehört: 94 Prozent finden, das Thema sollte in der Politik einen sehr hohen/hohen Stellenwert haben. Das dies so ist, bezweifeln die Bürgerinnen und Bürger allerdings: 80 Prozent sind der Auffassung, dass sich die Politik nicht ausreichend um Bildungsfragen kümmert. „Die Umfrage spiegelt eine insgesamt negative Sicht der Menschen auf das Wirken der Politik in der Bildung wider“, kommentiert Thomas de Maizière, Vorsitzender der Stiftung, die Resultate. „Das bestärkt uns bei der Telekom-Stiftung in unserem Ansatz, mit den staatlichen Stellen in einen erfolgreichen Dialog zu kommen, um Verbesserungen im Bildungssystem zu erreichen. Gemeinsam können wir hier mehr bewegen.“
Auf die Frage, was ein gutes Bildungssystem leisten müsse, sind die Menschen sehr eindeutig in ihrem Urteil: 91 Prozent sind der Meinung, dass gleiche Bildungschancen sichergestellt werden müssen. Die Wirklichkeit hält diesem Wunsch kaum stand. Nur 25 Prozent glauben, dass dies derzeit in Deutschland gelingt. Deutlich wird in der Umfrage auch, dass diejenigen mit hohem sozioökonomischen Status die eigene Bildungskarriere für ihren Lebensweg spürbar positiver wahrnehmen als diejenigen mit sozioökonomisch niedrigerem Status. „Umso wichtiger ist es, dass wir in Deutschland noch mehr Anstrengungen unternehmen, um allen Kindern und Jugendlichen gleiche Bildungschancen zu ermöglichen“, fordert Stiftungsgeschäftsführer Jacob Chammon.
An einigen Stellen werden in der Umfrage Unterschiede zwischen Ost und West deutlich. So bewerten insgesamt 57 Prozent die Vermittlung von MINT-Kompetenzen als unabdingbar für ein leistungsfähiges Bildungssystem. 70 der Ostdeutschen sehen das so, aber nur 54 Prozent der Westdeutschen. „Das haben wir als MINT-Stiftung natürlich mit besonderem Interesse registriert“, so Thomas de Maizière. „Der Ost-West-Unterschied erklärt sich historisch. Der Gesamtwert allerdings hat Luft nach oben. Er belegt erfreulicherweise, dass wir strategisch richtig unterwegs sind, weil wir das MINT-Lehren und Lernen so verändern wollen, dass mehr junge Menschen Zugang zu diesen Fächern finden.“
Auch zu Leistungstests haben die Meinungsforscher die Menschen gefragt: 67 Prozent der Bevölkerung und sogar 71 Prozent der Eltern mit Schulkindern finden Vergleichstests wie PISA gut. Allerdings bezweifelt die Mehrheit, dass solche Untersuchungen Schule und Unterricht besser machen. „Die Ergebnisse zeigen eine erfreuliche Offenheit vor allem der Eltern für die Erhebung von Daten zur Schul- und Unterrichtsentwicklung“, so Jacob Chammon. „Hier liegt aus unserer Sicht ein großer Hebel zur Transformation des Schulsystems. Es geht nun darum, zu zeigen wie die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen auf der Grundlage von Daten und sogar KI-Anwendungen besser gelingen kann. Dazu gehören auch gute Qualifizierungen und Werkzeuge für Lehrkräfte und Schulleitungen.“
Alle Ergebnisse der Umfrage sind unter diesem Link verfügbar.